Abwassergebühren in Engstingen

In Engstingen gibt es große versiegelte Flächen, seien es die Straßen oder die Parkplätze z.B. vor den Supermärkten. Das Abwassersystem muss jedoch immer so groß ausgelegt werden, dass es die potentiell größte anfallende Wassermenge aufnehmen kann. Also, je mehr versiegelte Fläche umso größer das Abwassersystem. Nun lässt sich das private Abwasser nur unwesentlich reduzieren, die Kosten für das Abwasser ergeben sich jedoch aus dem notwendigen Gesamtabwassersystem, welches mengenmäßig zu einem großen Teil durch das unregelmäßige, in größeren Mengen anfallende Oberflächenwasser bestimmt wird.

Versiegelte Flächen erhöhen die Abwassergebühren für die privaten Haushalte zum Vorteil der Verursacher (z.B. Supermärkte oder Industrieanlagen) und sind schlecht für die Umwelt.

Abwasser (Schmutzwasser) kostet den Bürger derzeit ca. 3.-€/m³
Oberflächenwasser, durch Versiegelung (Dachflächen, Stellplätze, Wege) werden pro m² der Fläche berechnet, mit einem Faktor für die Durchlässigkeit. Asphalt und Dachflächen mit einem hohen, Rasensteine mit einem niedrigen Faktor.
Schmutzwasser aus den Haushalten fällt sehr gleichmäßig an, entsprechend dem bezogenen Frischwasser.
Um dies abzudecken, wäre ein Abwasser-Rohrnetz mit max. 25cm Rohrdurchmesser für die privaten Haushalte ausreichend.
Dagegen muss für das Oberflächen- (=Niederschlags-) Wasser ein viel größerer Durchmesser installiert sein, weil auch dieses Wasser im Kanal landet. Hierzu sind Rohre, in der Bahnhofstraße mit bis zu 160 cm oder sogar 180 cm Durchmesser verbaut.

  • Diese Dimensionen machen das notwendige Netz um mindestens Faktor 4 teurer.
  • Direkt verursacht durch versiegelte Flächen.

Pro Jahr haben wir in Engstingen ein Niederschlagsaufkommen von ca. 900 l/m², d.h. pro versiegeltem Quadratmeter kommen 0,9m³ Wasser in der Kläranlage an, das muss die Kläranlage leisten. Dies natürlich in oft kurzen und heftigen Mengen, wenn es einmal stark regnet. Auch hierfür muss die Kläranlage ausgelegt sein, auch das kostet ein Vielfaches gegenüber der Leistungsfähigkeit einer Anlage, welche nur für das Schmutzwasser ausgelegt wäre.
Die notwendige Überdimensionierung wird ausschließlich durch das Oberflächenwasser verursacht und trotzdem wird das Schmutzwasser mit ca. 3 Euro berechnet, hingegen das Oberflächenwasser nur mit ca. 30 Cent.
Dadurch finanziert eine Familie in einem Ein- oder Mehrfamilienhaus das Wasser von den versiegelten Flächen mit, das jedoch 80% der Kosten für die Abwasserbeseitigung verursacht.

Das halten wir als OGL für ungerecht

Weitere Details und Berechnungen hierzu

Bei der Kalkulation der Herstellungskosten der Kanalisation ist zwischen Schmutzwasser und Niederschlagswasser eine Kostenaufteilung im Verhältnis 60:40 anzusetzen. Die Erhebung geht von 424.700 qm versiegelter Fläche aus.
Man kann aus meteorologischen Erhebungen von einem Niederschlag von 900 ltr./qm in Engstingen ausgehen. Zur Berechnung des Querschnitts der Rohrleitungen ist der Umstand zu berücksichtigen, dass Niederschlagswasser nicht gleichmäßig anfällt wie Schmutzwasser aus den Haushalten sondern unregelmäßig in größeren Mengen, was den erforderlichen Querschnitt der Abwasserrohre erhöht und größere Rückhaltebecken notwendig macht.
Dies würde dann bedeuten, dass 424.700 qm Fläche X 0,9 m³ Wasser = 382.230 Kubikmeter Niederschlagswasser abgeleitet und geklärt werden müssen. Dies zusätzlich zum Schmutzwasser von 205.500 Kubikmeter.

Selbst wenn man die Höchstmengen des Niederschlagswassers von der Berechnung ausnimmt, wäre die Last durch das Oberflächenwasser (OFW) fast doppelt so groß.

Was aber berücksichtigt werden muss, ist der Umstand, dass die Kläranlage für die Reinigung des Schmutzwassers gebaut und betrieben werden muss, und für das Niederschlagswasser unnötig wäre. Will sagen ohne das Schmutzwasser, allein für das OFW wäre eine Kläranlage gar nicht nötig, die Kanalisation dagegen schon. Wenn man also ein getrenntes System für Abwasser und Oberflächenwasser hätte (das auch gespeichert werden könnte, um z.B. die Bewässerung öffentlicher Grünflächen zu speisen), könnte die Kläranlage kleiner und billiger konzipiert werden.

Die Ableitung und  Bearbeitung des Niederschlagswassers ist ungefähr mit ca. 10% des Schmutzwasserpreises eingepreist.

Warum ist das so?
Die Kosten für das Niederschlagswasser auf öffentlichen Flächen müssen anteilig von jedem Bürger bezahlt werden, und zwar im Verhältnis zum Wasserverbrauch. Mit dem Anteil des Niederschlagswassers im privaten Bereich bzw. gewerblichen Bereich verhält es sich anders, da dort der Wasserverbrauch oft in einem ganz anderen Verhältnis steht. Die Kosten für Niederschlagswasser im Wohnbereich werden auf die Personenzahl umgelegt.
Würde das Abwasser der großen Flächen im Gewerbebereich gleich wie das im privaten Bereich berechnet werden, hieße das in der Praxis, dass z.B. ein Parkplatz mit ca. 5000 qm versiegelter Fläche statt wie jetzt 5000 qm x 0,27€ = 1.350€, dann 5000 qm x 2,82€= 14.100€ bezahlen müsste. In der Praxis wäre wohl ein Preis zwischen 0,27 € und 2,82 € auszuhandeln, der Anreiz genug wäre, Flächen nicht zu versiegeln.

Wir als OGL sehen folgende Möglichkeiten dieses System gerechter zu gestalten:
  1. Die Gebühren für Oberflächenwasser werden angehoben und damit die Abwassergebühren der privaten Haushalten gesenkt.
  2. Es wird geprüft, ob Firmen dazu verpflichtet werden können, Parkplätze unversiegelt (z.B. mit Rasengittersteinen) zu bauen.
  3. Regenwasser sollte als „Grauwasser“ getrennt erfasst, aufgefangen und entweder der Natur zugeführt, im Betrieb als „Grauwasserkreislauf“ genutzt und / oder für die Bewässerung eingesetzt werden.
  • Der Klimawandel bedingt, dass wir mit Wasser anders umgehen müssen, nämlich als knappes Gut, das immer teurer werden wird

Zahlenquelle: „Die Gemeinde“ (BWGZ) 2001 820ff..844ff

4 Kommentare zu „Abwassergebühren in Engstingen“

  1. Wäre es unter Berücksichtigung der topographischen Lage vorstellbar, dass bei getrennten Wassersystemen auf Regenrückhaltebecken verzichtet werden kann?

    1. Es kommt ja darauf an wo das Wasser hinfließt. Wenn ein Gewässer in der Nähe ist kann es sinnvoll sein das Wasser dorthin zu leiten, was ja bekanntlich in Engstingen nicht der Fall ist. Zukünftig werden wir, vor allem auf der Alb wo Trockenheit bei Karstböden eher ein Problem ist, das sich mit dem Klimawandel verschärft, Rückhalte Becken brauchen um das Wasser dann sinnvoll für die Bewässerung zu nutzen.

  2. Kann man in Engstingen planen ein zweites Abwassernetz sukzessive im Zuge von Erneuerungen oder im Neubau zu erstellen? So dass zum Schluss das alte Netz mit den großen Querschnitten für Niederschlagwasser übrig bleibt?

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