Leserbrief zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Standort Feuerwehrhaus in Engstingen

Die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungen des Gemeinderates ist in jedem Fall wünschenswert. Sei es, dass die Gemeinderäte, der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung einen direkten Kontakt zur Bevölkerung haben und in engem Austausch stehen, sei es über Veranstaltungen zur Planung von Projekten zur Gemeindeentwicklung.

In Engstingen fanden 2020 mehrere Veranstaltungen zur Planung der Gemeindeentwicklung, moderiert durch ein Planungsbüro, statt. Mit dem Ergebnis eines detaillierten GEMEINDEENTWICKLUNGSKONZEPTES „Strategie 2035“.

Wie schon seit vielen Jahre (bereits seit 2012 gibt es dazu Planungen) ging es auch bei dieser Planungsveranstaltung um das Thema „Entwicklung zwischen den Dörfern zu einer Ortsmitte“. Die Möglichkeit für Groß- und Kleinengstingen „zwischen den Dörfern“ zusammenzuwachsen wurde hierbei als Stärke für das Potential der Gemeindeentwicklung hervorgehoben.

Zusammenfassend wurde formuliert:
„Mit einer gemeinsamen Ortsmitte besteht der Wunsch nach einer Begegnungsstätte für Jung und Alt sowie einem öffentlichen Platz für Veranstaltungen, aber auch dort eine Informationsanlaufstelle zu gestalten.“

Es geht also vor allem darum für diese von der Bürgerschaft erarbeiteten Ziele ein Gesamtkonzept für die gemeinsame Ortsmitte zu entwickeln. Wenn man jedoch über einzelne Projekte entscheidet, ohne dieses Gesamtkonzept zu beachten, stellt man die gesamte Planungsarbeit und Bürgerbeteiligung zum Gemeindeentwicklungskonzept „Strategie 2035“ in Frage.

Dies geschieht aktuell mit der Entscheidung zum Standort des neuen Feuerwehrhauses für Engstingen. Der Gemeinderatsbeschluss für den Standort des aktuellen Festplatzes für das neue Feuerwehhaus respektierte die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes für die neue Ortsmitte und berücksichtigte dabei alle technischen und räumlichen Notwendigkeiten für einen reibungslosen Feuerwehreinsatz, wie dies auch in Gutachten bestätigt wurde.

Wenn nun durch ein Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid diese Entscheidung zum Standort des neuen Feuerwehrhauses hinterfragt wird, wird gleichzeitig das mit großer Bürgerbeteiligung erarbeitete Gemeindeentwicklungskonzept „Strategie 2035“ in Frage gestellt, da ca. 1/3 der Fläche die zur Entwicklung der neuen Ortsmitte zur Verfügung steht vom neuen Feuerwehrhaus verbraucht würde, ohne dass eine Gesamtstrategie für die Entwicklung der neuen Ortsmitte besteht. Eine Gesamtplanung wurde seit mind. 2 Jahren, seitdem es klar ist, dass die Neue Ortsmitte bebaut werden soll im Gemeinderat nicht einmal ansatzweise unter Bürgerbeteiligung diskutiert. Dies war aber der klare Anspruch aus dem Gemeindeentwicklungskonzept 2035. Die Bürger können sich derzeit kaum vorstellen, wie eine Neue Ortsmitte mit einer verdichteten Wohnbebauung, in unmittelbarer Nähe zum zukünftigen Regionalbahn – Bahnhof, einem Bürgerservice des Rathauses und einer hohen Aufenthaltsqualität aussehen könnte, wenn dort ein Feuerwehrhaus einen Großteil der Fläche einnähme. Hier eine isolierte Einzelentscheidung zu fällen, wäre mehr als fahrlässig.

Direkte Demokratie ist immer wünschenswert. Zu einer demokratischen Grundhaltung gehört jedoch, dass die Instrumente, welche unsere Verfassung dafür geschaffen hat, so eingesetzt werden, dass sie zur Entwicklung des Gemeinwohls beitragen und nicht Einzelinteressen in den Vordergrund stellen. Engstingen war und ist mit vielen engagierten Bürgern auf einem guten Weg. Schon erarbeitetes, wie das Gemeindeentwicklungskonzept „Strategie 2035“ muss dabei berücksichtigt werden.

Dr. Joachim Banzhaf